Das Jahr 2016 ist sicher noch vielen in Erinnerung, da wir doch jüngst erst das 50-jährige Jubiläum der Verleihung des Stadtrechts feiern konnten. Dies ist ohne Zweifel ein durchaus bemerkenswertes Ereignis, doch geriet ein anderes Jubiläum etwas in den Hintergrund, ja wurde fast vergessen. Seit 175 Jahren besitzt Ludwigsfelde eine Bahnanbindung und profitiert von dieser. Unsere Stadt, wie wir sie heute kennen, wäre ohne die Bahn sicher nicht denkbar gewesen.
Erste Pläne zum Bau der Eisenbahn entstanden bereits im Jahre 1836, damals allerdings noch mit dem Ziel in Nieska in Sachsen. Diverse Widerstände führten dann aber dazu, den Verlauf in Richtung Köthen in Anhalt zu verändern. Der Streckenverlauf war 1837/38 fertig projektiert. Am 15. April 1839 begannen dann schließlich in der Nähe von Großbeeren die Bauarbeiten. Die vorher gegründete „Berlin-Sächsische Eisenbahngesellschaft“ benannte sich am 16.03.1840 in „Berlin-Anhaltische Eisenbahngesellschaft“ um, da die Strecke nun nicht mehr über sächsisches Gebiet führt. Im Süden schritten die Bauarbeiten zügiger fort, so dass am 01.09.1840 die erste Teilstrecke zwischen Dessau und Köthen eröffnet werden konnte.
Am 01.07.1841 konnte dann auch der Abschnitt zwischen Berlin und Jüterbog, vorbei an Ludwigsfelde, eröffnet werden. Die Züge hielten in Trebbin und Luckenwalde, in Ludwigsfelde gab es zu dieser Zeit lediglich eine Wasserstation. Sonntags fuhren 4 Züge in jede Richtung, an allen anderen Tagen zwei. Am 10. September 1841 konnte der durchgehende Verkehr bis Köthen aufgenommen werden.
Wenige Tage später, am 16. Oktober 1841 veröffentlichte die Berlin-Anhaltische Eisenbahngesellschaft den neuen Winterfahrplan. Er enthielt erstmals auch die Anhalteplätze Großbeeren und Ludwigsfelde. Damit war in Ludwigsfelde erstmals auch eine Personen- und Güterabfertigung möglich. Am hiesigen Anhalteplatz hielten von nun an Güterzüge mit Personenbeförderung. Das frühere Empfangsgebäude befand sich ziemlich genau an der Stelle, wo sich heute das Café am Bahnhof befindet und hatte auch dessen Größe. Ein Rätsel bleibt, warum der Anhalteplatz den Namen Ludwigsfelde und nicht Damsdorf erhielt, befindet er sich doch auf Damsdorfer Gemarkung.
Die bisher komplett eingleisige Strecke wurde nach und nach zweigleisig ausgebaut, angefangen 1842 zwischen Großbeeren und Ludwigsfelde, bis 1855 zum vollständigen Ausbau der Strecke Berlin-Jüterbog.
Das Verkehrsaufkommen in Ludwigsfelde war anfangs recht gering und so wäre der Anhalteplatz 1846 beinahe wieder geschlossen worden. Landrat und Kreistag konnten dies jedoch verhindern.
Zu einer vollwertigen Eisenbahnstation wurde Ludwigsfelde vom 21.05.1849 an. Seither hielten alle Züge mit Personenbeförderung in Ludwigsfelde.
1872 bekam Ludwigsfelde einen geräumigen Güterschuppen spendiert. Hier sollte ein Teil der Güterabfertigung für den Anhalter Bahnhof, der zu jener Zeit völlig überlastet war, stattfinden. Um 1880 wurde schließlich das heute noch existente Empfangsgebäude errichtet, das bald nach 1900 um eine weitere Fensterachse erweitert wurde.
Dank des leistungsfähigen Bahnanschlusses und der gerade noch im Bau befindlichen Reichsautobahn schließlich aber auch wegen der waldreichen Gegend entschloss sich 1935 Mercedes-Benz zwischen Genshagen und Ludwigsfelde ein bedeutendes Flugmotorenwerk zu errichten. Dazu wurde auf der noch nicht ganz fertiggestellten südlichen Umgehungsbahn die Betriebsstelle Genshagener Heide für die Werksangehörigen aktiviert und ein Anschlussgleis ins Werk hinzugefügt. Die Personenzüge mit den Mitarbeitern aus Berlin wurden dann tagsüber bei Ahrensdorf abgestellt und am Abend wieder für die Rückfahrt benutzt.
Ende 1938 wurde unmittelbar am Osttor des Werkes der Bahnhof Birkengrund eröffnet. Dort konnten weitere Werksmitarbeiter aus Berlin abgefertigt werden.
Am Anfang der 40-er Jahre entstand zusätzlich noch parallel zur Berlin-Anhalter Bahn von Lichterfelde-Süd aus eine Vorortstrecke bis nach Ludwigsfelde. Im Zuge dessen entstand auch der Haltepunkt Birkengrund-Nord und Birkengrund wurde in Birkengrund-Süd umbenannt. Die Strecke bis Ludwigsfelde wurde in den Berliner S-Bahntarif mit einbezogen. Die Inbetriebnahme war am 09.08.1943. Der Vorortbahnsteig befand sich zwischen dem heutigen Bahnsteig 3 und der dahinterliegenden Wohnhäuser. Der Betrieb ab Lichterfelde-Süd erfolgte zwar noch mit Dampflokomotiven, eine Elektrifizierung war jedoch geplant (sogar noch 1957), so dass Ludwigsfelde beinahe einen echten S-Bahnanschluss bekommen hätte.
Anfang der 50-er Jahre wurde der südliche Außenring fertig. Nach und nach verlor dann die direkte Verbindung von Ludwigsfelde nach Berlin über die Anhalter Bahn an Bedeutung, besonders nach dem Bau der Mauer. Hauptumschlagplatz für den Ludwigsfelder Personenverkehr wurde der Bahnhof Genshagener Heide.
Zwischen 1962 und 1989 fuhren vom Bahnhof Ludwigsfelde aus täglich gerade einmal 9 Züge nach Berlin.
Ab Mitte der 70-er Jahre begann die Elektrifizierung der Berlin-Anhalter Bahn.
Erst nach der Wende gewann die Bahn wieder ihre frühere Bedeutung zurück, doch nicht sofort. Die an vielen Stellen marode Strecke musste zunächst den Anforderungen einer modernen Verkehrsinfrastruktur angepasst werden. Mittel dazu war eines der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“. Es dauerte dann noch bis zum Jahre 2006 bis der mehr als 50 Jahre zuvor aufgegebene Streckenverlauf wieder befahren werden konnte. Jetzt waren es auch wieder „24,51 km bis Berlin“, wie an unserem Bahnhof zu lesen ist. Allerdings nicht mehr bis zum Nullpunkt am Anhalter Bahnhof. Der wurde leider ein Opfer des 2. Weltkrieges, lediglich ein kleiner Teil des Eintrittsportals steht noch. Doch führt die Nord-Süd Trasse nun durch den neuerbauten Berliner Hauptbahnhof.
Der Ludwigsfelder Bahnhof erfreute sich derweil eines zunehmenden Fahrgastaufkommens. Gegenteiliges spielte sich schon seit Ende der neunziger Jahre am Bahnhof Genshagener Heide ab. Der Bahnhof war umständlich erreichbar, nach Potsdam verkehrten regelmäßig Busse und die Bahnverbindung von Ludwigsfelde direkt ins Zentrum Berlins erwies sich als attraktiver.
Die Stadt vergrößert sich aber und daher wurde direkt am Stadtrand bei Struveshof ein neuer Bahnhaltepunkt am südlichen Berliner Außenring errichtet. 2012 kann er in Betrieb genommen werden. Der Bahnhof Genshagener Heide konnte geschlossen werden.
Doch auch der Güterverkehr, von Anfang an besonders wichtig in Ludwigsfelde, wurde nie aus den Augen gelassen. Erst 2002 wurde ein neues Anschlussgleis für die VW-Teilelogistik in Betrieb genommen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Eisenbahn einen außerordentlich wichtigen Faktor für die Entwicklung unseres Ortes darstellt.
Quelle: Peter Bley „Eisenbahnen auf dem Teltow“