Die heutige Gebrüder-Grimm-Grundschule war die erste Schule in Ludwigsfelde, die ihren Namen auch verdient hatte. Sie feierte in diesen Tagen ihr 80-jähriges Jubiläum. Wie es vorher in Sachen Schule in Ludwigsfelde bestellt war, möchte ich hier noch kurz anreißen:
Erstaunlicherweise existiert die allgemeine Schulpflicht in Preußen schon seit dem Jahre 1717. Mit der Neugründung unseres Ortes als Kolonie Ludwigsfelde und Kolonie Damsdorf Anfang der 50-er Jahre des 18. Jh. hatten die Kinder also eine Schule zu besuchen, doch am Ort existierte keine. So gingen die Damsdorfer Kinder nach Genshagen und die Ludwigsfelder Kinder nach Löwenbruch zur Schule, bedingt durch die jeweilige Verwaltungszugehörigkeit. „Gingen“ ist hier übrigens wörtlich gemeint.
Dies änderte sich erst ab dem 9. Juli 1855. An diesem Tag wurde in Ludwigsfelde die erste Schule eröffnet. Sie stand an der Potsdamer Straße gleich hinter der Bahn auf der rechten Seite. Es handelte sich um einen Lehmbau in einer Größe von 10,7 x 9,4 Metern, der gleichzeitig die Poststube und die Wohnung des Postbeamten beinhaltete. Da Personaleinsparung auch schon damals großgeschrieben wurde, musste der Postbeamte auch die Leitung des Unterrichts für die damals 24 Schüler übernehmen. Die Schulstube dafür war beheizbar und hatte eine Größe von etwa 4 x 5 Metern. Der Unterricht fand von Montag bis Samstag von 9 – 12 Uhr statt. Nach rund 20 Jahren wurde die Schule jedoch wieder geschlossen und die Kinder mussten wieder umliegende Schulen besuchen. Dies sollte leider auch verhältnismäßig lange so bleiben.
1936 begann der Aufbau der Daimler-Benz Flugmotorenwerke und damit auch ein verstärkter Zuzug von Arbeitern mit ihren Familien. Es gab nun bald mehr als 100 schulpflichtige Kinder im Ort und auch die umliegenden Schulen konnten keine weiteren Schüler mehr aufnehmen, was für einige Schüler Zwangsferien bedeutete. Daimler-Benz sah sich als Rüstungsbetrieb hier nicht in der Verpflichtung, was Gemeinde und Landratsamt jedoch anders sahen. Schließlich ließ Daimler-Benz eine Baracke errichten, im Volksmund auch als Bretterschule bekannt geworden. Sie befand sich relativ zentral in Ludwigsfelde, etwa dort, wo heute das Hochhaus steht. Es war eine Zweiklassenschule mit zwei Klassenräumen für insgesamt 78 Kinder, einem kleinen Lehrerzimmer und das Büro der Gemeindeverwaltung zog auch gleich mit ein. Die Schule eröffnete am 19. Mai 1937. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon als Behelfsschule konzipiert, denn man hatte sich auf den Bau einer größeren Schule einigen können.
Schon wenige Monate nach Eröffnung dieser Schule, nämlich im Dezember, kam es zu mehreren Scharlach-Erkrankungen unter den Schülern. Die Schule wurde daraufhin vorübergehend wieder geschlossen. Zum gleichen Zeitpunkt war man noch frohen Mutes, dass die neue Schule Anfang April des Folgejahres fertiggestellt werden kann.
Dies hätte auch recht gut zum Beginn des neuen Schuljahres gepasst. Damals wurde noch nach Ostern eingeschult, erst 1941 änderte man den Termin in September, was nach dem Krieg zunächst nur in der sowjetischen Besatzungszone beibehalten wurde. Wegen Schwierigkeiten bei Planung und Finanzierung konnte der Termin zur Fertigstellung allerdings nicht eingehalten werden. Erst im November 1937 wurde durch einen Nachtragshaushalt in Höhe von 219.000 RM die Finanzierung gesichert. Aber dann ging es schnell: am 29. März 1938 konnte das Richtfest für die Schule gefeiert werden, wobei zu diesem Zeitpunkt die Turnhalle außen schon verputzt war. Mitte Mai zählte man bereits 286 Schüler, die aus ganz Deutschland nach Ludwigsfelde gezogen waren – die Barackenschule platzte aus allen Nähten – doch im August war es dann endlich soweit.
Am Sonnabend, dem 13. August 1938 um 14 Uhr begann die Eröffnungsfeier für die neue Schule unter reger Anteilnahme der Ludwigsfelder Bevölkerung. Nach dem Eintreffen der von einer Kapelle geführten Kinder begannen die Ehrengäste mit ihren Reden. Unter ihnen: Bürgermeister Timm, Kreisleiter Borgschulze-Mentges, Regierungsrat Franke als Stellvertreter des Landrats, Kreiskämmerer Heiß und Bürodirektor Kallenbach vom Landratsamt, Kreisschulrat Radtke, Kreisamtsleiter Speer von NS.-Lehrerbund und Direktor Wolf von der Firma Daimler-Benz. Der Regierungsrat Franke teilte dann schließlich u.a. mit, dass der Regierungspräsident angeordnet habe, die Schule soll den Namen „Herman-Löns-Schule“ tragen, im Gedenken an den großen deutschen Heidedichter. Kommissarischer Leiter der Schule wurde Hauptlehrer Richard Goltz. Im Folgejahr wurde er zum Rektor ernannt.
Die Hermann-Löns-Schule war als achtklassige Schule für etwa 500 Schüler ausgelegt und recht modern ausgestattet.
…Zur körperlichen Ausbildung steht den Knaben und Mädeln eine Turnhalle zur Verfügung so dass auch bei Sturm und Regen, bei Eis und Schnee an der körperlichen Ausbildung gearbeitet werden kann. Ein Spielplatz wird zum Ueben der Kampfspiele Gelegenheit geben. Eine Aula wird Raum geben zu festlichen Veranstaltungen der Schule und der Gemeinde. Für den Haushaltungsunterricht der Mädel und für die Kochkurse und Schulungsabende der NS.-Frauenschaft werden Koch- und Waschküche und dergleichen eingerichtet. Zur Anlage eines Schulgartens, der von der Regierung für jede Schule gefordert wird, ist auch Platz vorhanden… (TK vom 28.12.1937)
…Sie ist mit Brausebädern, Lehr- und Kochküchen eingerichtet, so dass die Jugend, mit allen Lehrmitteln der Neuzeit ausgerüstet, bei guter Waldluft emporblühen kann… (TK vom 04.08.1938)
Die neue Schule konnte dann von den Ludwigsfeldern ausgiebig gefeiert werden.
…Um der Freude der Kinder über ihr neues Heim noch besonderen Ausdruck zu verleihen, findet anschließend das schon traditionell gewordene Kinder- und Volksfest statt. Auf der Festwiese am Bahnhof wird sich, da auch die Einwohnerzahl bereits 3000 Seelen erreicht hat, in diesem Jahr etwas ganz besonderes abspielen. Die Lehrer werden mit ihren Kindern Spiele und Wettkämpfe veranstalten. HJ. und BDM. werden mit Tanz und Gesang dazu beitragen. Karussell, Luftschaukel, Preisschießen und sonstiges mehr werden für Stimmung sorgen; auch findet Tanz im Freien statt. Sonnabend und Sonntag, am 13. und 14. August, werden somit zu einem wahren Volksfest werden…. (TK vom 04.08.1938).
Man sprach bald nur noch von der Zwiebelschule, wenn es um diese Schule ging. Verursacht war das durch das kleine Türmchen in Zwiebelform auf dem Dach der Schule.
Das Ludwigsfelder Gemeindebüro zog gleich mit den Schülern mit um und wechselte von der Baracke in das Kellergeschoss der neuen Schule. Selbst diese Schule reichte nicht aus und noch vor Kriegsende musste eine weitere gebaut werden.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Schule als Stützpunkt für die sowjetische Kommandantur genutzt. Ein Schulbetrieb war hier nicht mehr möglich. Daher wird am 15.05.1945 der Schulbetrieb zunächst in Baracken u.a. in der Taubenstraße wieder aufgenommen. Für die damals 150 Schüler standen 3 Lehrer zur Verfügung. Kurze Zeit später ging auch die Säulenschule wieder in Betrieb.
Nachdem die sowjetischen Kommandanturen ihre Verwaltungsaufgaben wieder in kommunale Hände übergeben hatten, kann die Schule am 01.09.1949 wieder ihren Betrieb aufnehmen. Zwischenzeitlich wurde die Säulenschule in Zentralschule umbenannt und dort mit dem Aufbau einer Oberschule mit zwei neunten Klassen begonnen. 1953 kam es dann zum Umzug dieser Schule in die Zwiebelschule. Wobei dort aber auch noch die unteren Klassen unterrichtet wurden – teilweise im Keller.
Aus dieser Oberschule im Aufbau wurde 1959 schließlich die Erweiterte Oberschule. Im Schuljahr 1967/68 kämpfte die Schule um die Verleihung des Ehrennamens „Arthur Ladwig“. Eine FDJ-Gruppe übernahm dabei die Heranschaffung eines über eine Tonne schweren Findlings aus der Kerzendorfer Flur für die Errichtung einer Gedenkstätte an der Schule. 1968 erhielt die Schule schließlich ihren Namen. Gleichzeitig beginnt die zweijährige Abiturausbildung mit organisatorischer Angliederung der 9. und 10. Klasse als Vorbereitungsklassen.
Am 08.02.1974 wurde die Erweiterte Oberschule „Arthur Ladwig“ mit dem Karl-Marx-Orden geehrt, der höchsten Auszeichnung in der DDR.
Nach der Wende tat sich erneut Einschneidendes in der Schulgeschichte. Im August 1991 musste die Erweiterte Oberschule noch einmal umziehen, nun wieder zurück in die Säulenschule. Dort wurde aus ihr das Städtische Gymnasium. Doch zurück zur Zwiebelschule: hier wurde die 1. Grundschule eingerichtet. Die Schule erhielt später einen Anbau, der am 30.03.2009 eingeweiht werden konnte.
Am 13.04.2010 wird von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, der 1. Grundschule den Namen „Gebrüder-Grimm-Grundschule“ zu verleihen. Die Schüler feierten den neuen Namen dann 2 Monate später. Dabei hatten sie doppelten Grund zur Freude, denn eine neue Cafeteria wurde ebenfalls eröffnet.
Denkt man heute an die Gebrüder-Grimm-Grundschule, fällte einem sofort die lustige und farbenfrohe Bemalung am Gebäude ein – man sieht ihr ihr Alter wahrlich nicht an.
Quellen:
- Verschiedenen Ausgaben des Teltower Kreisblattes
- Ludwigsfelde – Gestern, heute, morgen (Autorenkollektiv, 1960)
- Geschichte des Kreisgebietes Zossen (Siegfried Wietstruck, 1988)
- 20 Jahre Erweiterte Oberschule Ludwigsfelde (Kurt Lau in Heimatkalender für den Kreis Zossen 1969)
- Ludwigsfelder Geschichte und Geschichten 1 und 5 (G. Birk, 1986 u. 1994)
- Amtsblatt für die Stadt Ludwigsfelde vom 20. April 2010 Nr.: 17
- Webseite des Marie-Curie-Gymnasiums